Das Konzept der Neutralität
Die immerwährende Neutralität ist ein Grundsatz der Schweizer Aussenpolitik. Sie trägt zu Frieden und Sicherheit in Europa und über die europäischen Grenzen hinweg bei. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Sicherung der Unabhängigkeit der Schweiz und der Unverletzlichkeit des Landes. Gemäss dem Neutralitätsgesetz beteiligt sich die Schweiz nicht an Kriegen zwischen anderen Staaten. Die Neutralitätspolitik ist nicht an Rechtsnormen gebunden. Sie steht für alle freiwilligen Massnahmen, die ein neutraler Staat ergreift, um die Berechenbarkeit und Verlässlichkeit eines dauerhaft neutralen Landes zu gewährleisten. Die Umsetzung der Neutralitätspolitik hängt von einer Analyse des aktuellen internationalen Umfelds ab. Die schweizerische Neutralität ist von Menschlichkeit geprägt und basiert auf der Frage des Friedens. Sie stützt sich daher auf eine Tradition des guten Willens und der humanitären Hilfe. Im Dienste des Friedens und des Wohlstands organisiert die Schweiz die Neutralität unter Berücksichtigung der Anforderungen der internationalen Solidarität.
Entwicklung der Schweizer Neutralität
Das Neutralitätsrecht entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zum Völkergewohnheitsrecht und wurde 1907 in zwei Haager Konventionen kodifiziert. Seit 1910 hat sich das Konzept durch staatliche Praktiken und Rechtsauffassungen zum Völkergewohnheitsrecht weiterentwickelt. Dabei sind auch Urteile nationaler Gerichte sowie rechtliche Einschätzungen einzelner Staaten und internationaler Gremien zu berücksichtigen. Da kein anderes Land seine dauernde Neutralität so lange aufrechterhalten hat, wird die Schweiz selbst eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung spielen. Das Neutralitätsrecht gilt nur für internationale bewaffnete Konflikte und nicht für innerstaatliche bewaffnete Konflikte wie Bürgerkriege.
Die vielleicht grundlegendste Entwicklung im Völkerrecht seit der Haager Konvention ist die Verankerung des Verbots der Gewaltanwendung und eines Systems kollektiver Sicherheit in der Charta der Vereinten Nationen. Als die Haager Konvention 1907 unterzeichnet wurde, galt der Krieg als zulässiges Mittel der Staaten zur Durchsetzung ihrer völkerrechtlichen Interessen. Erst im Jahr 1928, dem Jahr des so genannten "Krieges", wurde der Krieg verboten. 1945 wurde das Verbot der Gewaltanwendung in der UN-Charta verankert. Da die Neutralität im Widerspruch zum Gewaltverbot steht, stellt sich seit 1945 die Frage, ob das Neutralitätsrecht bei Verstößen gegen das Gewaltverbot weiterhin gilt oder ob seine Anwendung geändert werden muss.
Die Schweizer Öffentlichkeit und die Neutralität
Die Akzeptanz der Neutralität ist in der Schweiz kontinuierlich hoch. In der jährlichen ETH-Umfrage "Sicherheit 2022" sprachen sich Anfang 2022 97 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer für die Neutralität aus.
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Zürich blieb neutral. Gemäss der Umfrage sind 96 Prozent im Durchschnitt der letzten 10 Jahre überzeugt, dass die Neutralität ihre Interessen am besten schützt und gleichzeitig zur globalen Sicherheit beiträgt. Die Neutralität bleibt also ein wichtiges innenpolitisches Unterscheidungsmerkmal. Aufgrund des Ukraine-Krieges führte die ETH Zürich im Mai-Juni 2022 eine Folgebefragung durch. Es zeigte sich, dass 89% der Schweizerinnen und Schweizer weiterhin neutral bleiben wollen. Obwohl die Unterstützung für die Neutralität seit Anfang Jahr um 8% gesunken ist, wird deutlich, dass die Neutralität trotz des Krieges in der Ukraine und der veränderten Bedrohungslage für die Schweiz aus Sicht der Bevölkerung immer noch mehr Vorteile als Nachteile hat.
Die schweizerische Neutralität ist heute von humanitären Anliegen geprägt und beruht daher auf einer Tradition des guten Willens und der humanitären Hilfe. Im Dienste von Frieden und Wohlstand richtet die Schweiz die Neutralität unter Berücksichtigung der Erfordernisse der internationalen Solidarität und der politischen Lage aus.