Er war ein Phänomen und hat alles gut gemacht. Sebastian Kurz, ein Mitglied der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), war seit 2010 Berufspolitiker, als er im Alter von 24 Jahren in den Wiener Gemeinderat und den Landtag einzog. Er hat zuvor nie in einem anderen Beruf gearbeitet und auch sein Studium der Rechtswissenschaften nie abgeschlossen. Im Jahr 2011 wurde er zum Integrationsstaatssekretär im Bundesministerium für Inneres ernannt und zwei Jahre später, im Alter von 27 Jahren, wurde er der jüngste Außenminister in der Geschichte Österreichs.
Diese Zeit war wahrscheinlich die erfolgreichste seiner politischen Laufbahn. Zunächst milderte Kurz den von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) vergifteten Ton in der Einwanderungspolitik etwas ab, später wurde er selbst zu einem Verfechter eines harten Kurses. Während der Flüchtlingskrise setzte er die Schließung der Balkanroute durch, zunächst für sein Land und später als einheitliche EU-Strategie. Nach wie vor betont er, dass er aus eigener Überzeugung die "falsche Politik" der offenen Grenzen abgelehnt habe.
Sieben Mal traf Kurz mit Wladimir Putin zusammen. In einem der Bücher, die über ihn geschrieben wurden, spricht der ehemalige Außenminister über die Jahre der entspannten Atmosphäre, Vier-Personen-Gespräche, die auf Deutsch geführt wurden, und ein Treffen in einem Raum mit Kamin, während es draußen minus 22 Grad hatte. Aber Putins Persönlichkeit ist nicht näher, Kurz nennt ihn "sehr kühl, diszipliniert und immer gut vorbereitet".
Die Zeit der Kanzlerin
Sebastian Kurz wurde 2017 im Alter von 31 Jahren zum österreichischen Bundeskanzler gewählt und im selben Jahr vom Time Magazine als einer von zehn "Next Generation Leaders" aufgeführt. Am Tag seines Wahlsiegs beschrieb die deutsche Zeitung Welt Kurz als "konservativ-liberalen, europäisch denkenden Politiker", dessen Aufstieg in vielerlei Hinsicht dem von Präsident Emmanuel Macron ähnelt. Die Schließung der Balkanroute war eine diplomatische Meisterleistung.
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Die Ibiza-Affäre markierte das abrupte Ende einer bemerkenswerten Karriere. Die Veröffentlichung eines heimlich gedrehten Videos, in dem Heinz-Christian Strache, ehemals Vizekanzler und FPÖ-Parteichef, sowie Johann Gudenus, ehemals Nationalrat und FPÖ-Klubobmann, eine angebliche Nichte eines russischen Oligarchen, in einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza ihre Bereitschaft zur Korrumpierung und Umgehung der Gesetze zur Parteienfinanzierung sowie zur Übernahme der heimlichen Kontrolle parteiunabhängiger Medien versprechen. Die FPÖ-Minister treten zurück, die Regierungskoalition zerbricht. Ende Mai wird Sebastian Kurz seines Amtes enthoben. Nach Neuwahlen wird Kurz Anfang 2020 erneut zum Bundeskanzler ernannt.
Die Korruptionsvorwürfe
Eineinhalb Jahre später, im Mai 2021, wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Kurz eingeleitet. Es handelt sich um Falschaussagen im Rahmen der Wahrheitspflicht vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Sebastian Kurz soll seinem engen Vertrauten Thomas Schmid 2017 versprochen haben, dass er ÖBAG-Chef wird, falls Kurz Bundeskanzler wird. Die ÖBAG, die Österreichische Beteiligung AG, ist ein Zusammenschluss von mehr als 20 Unternehmen mit öffentlichen Anteilen im Gesamtwert von rund 22 Milliarden Euro. Im Finanzministerium soll Thomas Schmid, der jetzt gegen Kurz aussagt, daran beteiligt sein, Kurz mit teilweise gefälschten und finanzierten Umfragen an die Macht zu bringen.
Schmid bekommt tatsächlich den höchsten Posten in der ÖBAG. Der ehemalige Bundeskanzler bestreitet jedoch seinen Einfluss, ebenso wie die bewusste Falschaussage vor dem Ausschuss. Er sagt, er sei über die Postenbesetzung "informiert, aber nicht involviert". Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht, aber er muss seine Schuld beweisen. Gegen Kurz spricht u.a. die SMS mit Thomas Schmid, in der er z.B. schreibt "Wenn du alles bekommst, was du willst" und Schmid antwortet mit "Ich bin so glücklich, ich liebe meinen Kanzler". Kurz war im Oktober 2021 wegen Korruptionsverdachts als Bundeskanzler zurückgetreten.
In Wien wie in New York zu Hause
Derzeit lebt der ehemalige Bundeskanzler abwechselnd in Österreich und in den USA, wo er sich als Unternehmensgründer und Berater des Milliardärs Peter Thiel, dem Mitbegründer von PayPal, Palantir Technologies und dem ersten ausländischen Investor in Facebook, präsentiert. Kurz ist in Israel aktiv, und sein Interessengebiet ist die Cybersicherheit. In Österreich ist er bei gesellschaftlichen Veranstaltungen zu sehen, zuletzt bei den Salzburger Festspielen. Sollte er freigesprochen werden, ist auch sein Comeback in Frage gestellt. Es wäre ein großer Sieg für ihn und für die ÖVP.